Das immunologische Gedächtnis nach einer SARS-CoV-2-Infektion

Wie bildet sich ein immunologisches Gedächtnis aus? Wie gut schützt es vor einer erneuten Infektion und wie prägt es sich bei Long-Covid aus?

Covid-19 stellt die Gesellschaft und insbesondere das Gesundheitswesen vor immense Herausforderungen. Nicht nur die Intensivpflege von schwer Erkrankten, sondern auch Menschen mit Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung fordern die Medizin. Onur Boymans Forschungsgruppe vom Universitätsspital Zürich und der Universität Zürich interessiert sich für die Frage, wie sich ein immunologisches Gedächtnis nach einer SARS-CoV-2-Infektion bildet, wie dieses den Körper vor einer erneuten Infektion schützt und wie sich dieses bei Long-Covid-Erkrankten ausprägt.

Durch regelmässige Entnahmen von Blutproben und klinischen Kontrollen von Patienten mit verschieden langen und schweren Krankheitsverläufen konnten erste Erkenntnisse gewonnen werden. Seit dem Start der Studie vor über einem Jahr konnte bei 215 Teilnehmern die akute Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion oder -Impfung sowie die Entstehung des Immungedächtnisses verfolgt werden. Dies zeigt sich in der Etablierung verschiedener Immunantworten. Die Forschenden verfolgen unter anderem die Wirkung und Entstehung der humoralen, zellulären und angeborenen Immunität.

Wie schwer eine Covid-19-Erkrankung ausfällt, spiegelt sich zum Beispiel in der humoralen, also von Antikörpern vermittelten, Immunantwort wider. Bei leichten, asymptomatischen Verläufen wird teilweise nur eine lokale Neutralisierung des Virus in den Schleimhäuten ausgelöst, wohingegen bei schweren Verläufen, die mitunter in akutem Lungenversagen enden, im Blut häufig grosse Mengen von SARS-CoV-2 spezifischen Antikörpern nachgewiesen werden können. Dies geht einher mit hohen Mengen von entzündungsfördernden Zytokinen, welche über einen Zeitraum von mehr als 40 Tagen nach Erkrankungsbeginn erhöht sind. Zytokine sind Botenstoffe des Immunsystems, welche die Immunantwort beeinflussen.

Auch bei der zellulären Immunität kommt es zu gravierenden Verschiebungen in der Akutphase einer schweren Covid-19-Erkrankung. Ein Beispiel hierfür sind Veränderungen der Zusammensetzung der T-Zellpopulation, einhergehend mit einer Umverteilung im Körper sowie teilweisem Absterben der T-Zellen. Das resultiert in der beobachteten zu tiefen Zahl von T-Zellen im Blut. Dieser Prozess wird auch mit erhöhten Mengen an Entzündungshormonen in Zusammenhang gebracht.

Aktuell analysieren die Forschenden die T- und B-Zellen, welche das SARS-CoV-2 Virus gezielt erkennen, im Blut von Patienten bis zu einem Jahr nach deren Covid-19-Erkrankung. Diese Forschungsresultate ermöglichen ein besseres Verständnis der Etablierung eines Immungedächtnisses bei Erkrankten, was insbesondere in Anbetracht der potentiellen Gefahr durch neue Virusvarianten von grossem Interesse ist.

In einer anschliessenden Studie gehen die Forschenden der Frage nach wie sich die Entstehung des Immungedächtnisses einer natürlichen Covid-19-Erkrankung von der einer Impfung unterscheidet. Ausserdem untersuchen sie Patienten, die nach der durchgemachten Infektion an Long-Covid (engl. PACS - post-acute COVID-19 syndrome) leiden. Dieses Wissen könnten in Zukunft dabei helfen, die Therapie derjenigen Patienten anzupassen, die an Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung leiden.

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Publikationen

Adamo S, Chevrier S, Cervia C, et al. Profound dysregulation of T cell homeostasis and function in patients with severe COVID-19. External Link IconAllergyExternal Link Icon. 2021;76(9):2866-2881.DOI: https://doi.org/10.1111/all.14866External Link Icon

Chevrier, Stéphane et al. A distinct innate immune signature marks progression from mild to severe COVID-19. External Link IconCell Reports MedicineExternal Link Icon, Volume 2, Issue 1, 100166DOI: https://doi.org/10.1016/j.xcrm.2020.100166External Link Icon

Cervia, C., Nilsson, J. et al. Systemic and mucosal antibody responses specific to SARS-CoV-2 during mild versus severe COVID-19. External Link IconJ Allergy Clin Immunol. External Link IconVol 147, Issue 2, P545-557.E9, February 1, 2021DOI: https://doi.org/10.1016/j.jaci.2020.10.040External Link Icon